Das Evangelium des Messias – „Für den Juden zuerst“

Mit herzlichem Dank für die Übersetzung aus dem Englishchen von Klaus Püplichhuisen

 (Klaus.Publius@t-online.de)

Dr. Arnold Frank schrieb: „So wie es bei Israel war, so ist es mit der Kirche Christi. Nur wenn Jesus als der gekreuzigte und auferstandene Erretter gepredigt wird, hat die Gemeinde das Recht zu existieren.“ [1]

Im September 2001 veröffentlichte die Synode der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland eine Erklärung, in der sie die Evangelisation unter Juden verworfen hat: „Wir widersetzen uns allen Versuchen, die ihr Ziel darin sehen, Juden von ihrer eigenen Religion abzubringen. Wir unterstützen jedoch die Begegnung zwischen Christen und Juden, bei denen sie auf ihre jeweiligen Glaubenszeugnisse hören, indem sie die Unterschiede der andern Partei respektieren.“

Die Ironie dabei ist, dass Dr. Arnold Frank beinah fünfzig Jahre lang diese Gemeinde geleitet hat, die ja zu seiner Zeit eine großartige Missionsarbeit unter Juden in Hamburg getan hat, heute aber zu denen in der Evangelischen Kirche gehört, welche die obige Erklärung unterstützen.

Dr. Frank war selbst ein jüdischer Bekehrter, der sein Lebenswerk der Verbreitung des Evangeliums unter den Juden geweiht hatte. Der Rabbiner Dan Cohn-Sherbok, ein produktiver Autor über Religion, nimmt Bezug auf den Dienst von Arnold Frank in seinem Buch über „Messianic Judaism“ (Messianische Judentum): [2]

„…….die Presbyterianische Kirche Irlands hat die Judenmission von der Mitte des 19. Jahrhunderts an unterstützt. Bis zum Jahre 1927 unterstützten sie dann drei Missionsstationen, die 60 Mitarbeiter angestellt hatten. In Hamburg hatte die Missionsarbeit im Jahre 1845 unter der Leitung von Dr. Samuel Craig begonnen. Hervorstechend unter den jüdischen Mitarbeitern in dieser Haupthafenstadt war Pastor Dr. Arnold Frank. Von einem ursprünglich orthodoxen Hintergrund herkommend, wurde Frank in Hamburg ein jüdischer Gläubiger. Als Bankangestellter begegnete er dem Prediger J.D. Aston von der Irischen Presbyterianischen Mission. Unter seiner Gönnerschaft vollendete Frank seine schulische Bildung in Irland und besuchte das Presbyterianische Kolleg. 1884 wurde er ordiniert und nach Hamburg zurück geschickt, um dort unter Aston zu dienen.

„Während des 54-jährigen Dienstes in Hamburg führte Frank Hunderte von Juden zu Christus und taufte sie. Über 50 von ihnen wurden Prediger oder Missionare. Unter Franks Leiterschaft wuchs die Hamburger Mission an Stärke, und die Jerusalem Kirche, die früher gegründet worden war, baute neue Gebäude, die über 400 Leute beherbergten. Weiterhin wurden ein modernes Hospital, ein Heim für Diakonissen und eine Klinik errichtet, wie auch ein Ferienheim für Diakonissen.

Von 1899 bis 1936 publizierte Frank eine Monatszeitschrift unter dem Namen Zions Freund, die überall in Europa versandt wurde. Durch diese Zeitschrift konnte Frank die Gelder aufbringen, um die Mission in Hamburg zu erweitern.

Mit dem Aufstieg der Nazis hat Frank seine Gemeinde ermutigt auszuwandern. Er hat es so erklärt: ‘Die traurige Lage der jüdischen Christen war sogar noch schlimmer, da sie für die Juden Abgefallene waren und für die andern eben Juden……..für Gemeindeglieder war es gefährlich, sich mit jemandem zu verbinden, dessen christlicher Glaube mit jüdischem Blut aufgewogen wurde….. die Nazi Propaganda hatte ihr Werk nur zu gut verrichtet, und es hat Gemeinden gegeben, wo jüdische Christen nicht erwünscht waren und ihnen geraten wurde, die Gemeinde zu verlassen.’

Im Jahre 1938 wurde Frank verhaftet und von der Gestapo festgehalten. Aufgrund der Intervention des Auslandssekretärs ließ man ihn wieder frei und brachte ihn zurück nach Hamburg. Schließlich ist er und seine Tochter nach London abgereist…….“

Obwohl die Nazis der Arbeit von Dr. Frank in Europa ein Ende bereiteten, brachten seine Mühen weiterhin Frucht durch die, welche er zu dem Erretter geführt hatte. Unser jetziger Dienst von „Messianic Good News“ in Südafrika hat seinen Ursprung in der Arbeit von Dr. Frank, nämlich durch einen seiner Schüler, John Düring, der 1938 ebenfalls aus Deutschland fliehen musste. John Düring stammte aus Köln, wo er dem Evangelium glaubte und Jesus als seinen Messias annahm. Nachdem sein Vater ihn wegen seines Glaubens enterbt hatte, blieb er eine Weile bei Moritz Weissenstein, der als Missionar unter der Westdeutschen Gesellschaft diente, und auch ein Schüler von Arnold Frank war. Mit der Hilfe von Dr. Frank reiste Düring nach Liverpool/England und von da nach Kapstadt/Südafrika. Düring hat dann weiterhin die Zeitschrift Neuer Zions Freundveröffentlicht, und 1950 registrierte er mit der Hilfe von Dr. Frank und seinem Segen die „Good News Missionary Society“ (Die Gute Nachricht Missionsgesellschaft). Düring errichtete ein starkes Zeugnis für jüdische Menschen durch die ausgezeichnete Literatur, die von seiner Gesellschaft hergestellt wurde. Und diese Arbeit läuft bis heute weiter unter dem Namen Messianic Good News.

Der vorhergehende Artikel „Machet zu Jüngern alle Völker“ ist eine Herausforderung gegenüber dem Argument, mit dem die jetzige evangelische Leitung der Jerusalem-Kirche in Hamburg (das Werk von Dr. Frank wurde nach 1945 von der Evangelischen Kirche übernommen) für sich behauptet, eine biblische Lehre aufstellen zu können, um Evangelisation unter Juden zu unterbinden. Unser Artikel wendet sich besonders gegen die vertretene Lehre über die Bedeutung des Satzes in Matthäus 28 „und lehret alle Völker“, was den Zusammenhang des apostolischen Auftrags Jesu anbelangt und über die Frage, wer Jesus ist.

Das ausgesprochene Motiv für die Verwerfung der Evangelisation unter Juden wird in dem Satz ausgedrückt: „Versuche, Juden von ihrer eigenen Religion abzuraten, nährt den Antisemitismus und sind mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar und unakzeptabel.“[3]

Mit dieser Aussage wird doch angedeutet, dass das heutige Judentum der Rabbiner [4], das sich auf der Verleugnung von Jesus, dem Messias, gründet, einen gültigen alternativen Weg zu Gott anbiete, der von Christen zu respektieren sei. Aber der Apostel Johannes, der selbst ein Jude war, schrieb: „Ist der nicht der Lügner, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Der ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Wer den Sohn leugnet der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater“ (1. Johannesbrief 2,22-23). Die Erklärungen und Aussagen der deutschen Lutherischen Kirche, die Evangelisation unter Juden zu verwerfen, waren verständlicher Weise ein Versuch, die Versagen dieser Kirche während der Nazi Zeit auszugleichen, was aber gleichzeitig die Auswirkung hat, die unzweideutige Lehre des Neuen Testamentes, dass es keine Versöhnung mit Gott gibt, außer dem Glauben an Jesus, dem Messias, zu verwerfen. Wir, die wir glauben, werden beschrieben als „Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther 5,20) Wir haben den „Dienst der Versöhnung“, und dieser Dienst dient nicht in erster Linie der Versöhnung zwischen Juden und Deutschen oder Juden und Christen, sondern er bezieht sich auf Versöhnung zwischen Gott und dem sündigen Menschen. „Denn Gott versöhnte in Christus die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht an und hat unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet“ (2. Korinther 5,19).

Während uns jede feindselige Haltung oder Nichtachtung gegenüber den Anhängern von jeder anderen Religion im Namen Christi zuwider ist, müssen doch – um ein Zeugnis für die Wahrheit aufrechtzuerhalten – falsche Darstellungen von Gott, die sich gegen die Erkenntnis der Wahrheit erheben, herausgefordert werden, allerdings mit Sanftmut und Respekt (2. Korinther 10,5; 1.Petrus 3,15).

Paulus  war  als  Apostel  für  die  Heiden  berufen  und  hat  in  dieser  Weise  die Berufung  Israels  erfüllt,  ein  Licht  für  die  Nationen  zu  sein. Das heißt aber nicht, dass das Volk Israel nicht auch selbst  zu dem Licht des Messias kommen müsste. Paulus hat doch keine neue Religion für die Heidenvölker erfunden – er hat die Heiden zu dem wahren Glauben Israels, der in der messianischen Hoffnung gewurzelt war, gerufen.[5]  Christen aus den Heidenvölkern sind ein „wilder Ölbaumzweig“, der in die erlöste Versammlung Israels eingepfropft worden ist (Römer 11,24), so dass sie „Miterben und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung sind in dem Christus durch das Evangelium“ (Eph.3,6). Wenn Jesus nicht der Messias der Juden ist, dann haben die Heidenvölker keine Verheißung oder ein Erbe, an dem sie teilhaben könnten.

Das Evangelium des Reiches Gottes, das für die Errettung aller, die glauben, gegeben wurde, kann nur so verstanden werden, dass es die Erfüllung von Gottes Verheißung an Israel ist, insbesondere die Erfüllung Seiner Verheißung an Abraham. So heißt es in Apostelgeschichte 13,32: „Und wir (die jüdischen Evangelisten) verkündigen euch (den jüdischen Volksgenossen in der Synagoge zu Antiochien in Pisidien) das Evangelium, dass Gott die den (jüdischen) Vätern zuteil gewordene Verheißung erfüllt hat an uns(Juden), ihren Kindern, indem er Jesus auferweckte……“

Alles, was durch Mose und die Propheten geschrieben worden ist, gipfelt in der Offenbarung des Messias und dem Reiche Gottes. Damit stimmt sogar der Talmud überein: „Alle Propheten prophezeiten nur auf die Tage des Messias hin“ (Ber. 34b). In Johannes 1,44 lesen wir dann: „Philippus findet den Nathanael (ebenfalls ein Jude) und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, den Sohn Josephs, von Nazareth.“ „Und er begann bei Mose und bei allen Propheten und legte ihnen in allen Schriften aus, was sich auf ihn(Jesus) bezieht“ (Luk.24,27).

Der Glaube, dessen wir uns nicht schämen, ihn auch zu proklamieren, ist, dass Jesus in der  Tat der Messias-König ist, der in der hebräischen Bibel verheißen wurde, der rechtmäßige Erbe auf dem Throne Davids, d.h. König der Juden und Herr der Welt. Dass viele Juden und auch Heiden, was das betrifft, nicht an Ihn glauben oder sich Seiner Autorität unterwerfen, ändert jene Wahrheit nicht. Hesekiel war beauftragt, das Wort Gottes seinem Volk zu predigen, ob sie nun zugehört haben oder darin gefehlt haben (Hesekiel 2,1-8). Aber jedermann wird zur Rechenschaft gezogen werden aufgrund seiner Reaktion.

In völligem Kontrast zu der Position, die die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche einnimmt, steht das Beispiel, das Paulus gemäß dem Muster Jesu aufgestellt hat. Er brachte das Evangelium den Juden zuerst (Apg. 9,20; 14,1; 19,8-10).

Römer 1,16-17: „Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Rettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen; denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.“  (Schlachter Übersetzung 2000)

„Euch musste das Wort Gottes zuerst verkündigt werden; da ihr es aber von euch stoßt und euch selbst des ewigen Lebens nicht würdig achtet, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden“ (Apg.13,44-46).

Die frühe jüdische Gemeinde hat mit der unerwarteten Tatsache gerungen, dass Gott Seine Barmherzigkeit gegenüber vielen Heiden erwies; und hat sie dann doch in das erlöste Volk aus Israel aufgenommen. Für einige ist es eine Überraschung gewesen, dass die gute Nachricht der Erlösung und des ewigen Lebens durch den jüdischen Messias, die zuerst den Juden in Jerusalem verkündigt wurde, bevor sie durch Judäa nach Samaria und dann an die Enden der Erde ging, nicht nur für die Juden beabsichtigt war, sondern auch für die aus den Heiden, die der Botschaft glauben würden. Wie kann es dann sein, dass einige Christen aus den Heiden jetzt meinen, dass die Gute Nachricht damals und auch heute nicht für die Juden beabsichtigt war, denen doch alle die prophetischen Verheißungen der Erlösung zuerst gegeben worden waren?

„Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde– darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -, er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde“ (Jesaja 49,5-6, Luther ’75).

Die Nazi Verfolgung setzte dem Werk von Dr. Frank ein Ende in Europa – einer der effektivsten jüdischen Missionen der Neuzeit. Die Rassengesetze der Nazis verboten den Juden, dass sie ein Amt in der Kirche ausüben durften und verbannten in wirksamer Weise jüdische Christen aus christlicher Gemeinschaft. Welche Ironie ist es doch, dass die deutsche Kirche von heute die Verfechterin einer Position ist, welche die gleiche endgültige Wirkung hat wie die Nazi Politik, d.h. die Evangelisation zu verhindern und Juden vom Leibe des Messias auszuschließen.

Die Nazis konnten jedoch nichts weiter als das Fleisch vernichten. Der HERR Jesus lehrte Seine Nachfolger: „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle!“ (Matthäus 10,28) Diese Worte muss die vielen jüdischen Christen gestärkt haben, die in den Lagern mit den anderen umgekommen sind.

Die deutsche Kirche hat öffentlich ihr Versagen während der Nazi Zeit bekannt. Aber lässt sie jetzt nicht noch einmal die Juden im Stich, dieses Mal in einer noch sträflicheren Art und Weise? Und dies nicht weniger, weil sie dieses Mal in einer Weise versagt, die der Juden Billigung erlangt.

 

 

 

 

 

 

 



[1]    Aus einem Aufsatz „The Building of our Spiritual Temple“ (Das Bauen unseres Geistlichen Tempels), neu veröffentlicht von Messianic Good News im Juni 1999.

[2]    Dan Cohn-Sherbok, Messianic Judaism, S. 42-43, Continuum Int. Publishing Group Ltd, 2000.

[3]    „Absage an die Judenmission“, von Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Hamburg, 1995.

[4]    Siehe unser Artikel „Challenging the Rabbis…..on the origins of Rabbinic Judaism, MGN 1st  quarter 2004.

[5]    Für mehr über dieses Thema siehe unsere deutschen Artikel „Die wahre Erbfolge des orthodoxen Glaubens Israels“, „Die große Entzweiung zwischen der Gemeinde Jesu Christi und der Synagoge“, sowie „The Mystery of the Olive Tree“.

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